Das steuerliche Kontrollsystem kann die Frage entscheiden, ob ein steuerlicher Fehler lediglich zu einer Berichtigung oder zu dem Verdacht einer Steuerhinterziehung führt.
Die Einhaltung aller steuerrechtlichen Pflichten stellt Unternehmen zunehmend vor schwer lösbare Aufgaben. Die Komplexität des Steuerrechtes sowie der Umfang von Deklarations- und Meldepflichten ist für den Unternehmer kaum überschaubar. Zudem werden steuerrelevante Aufgaben mehr und mehr Bereichen im Unternehmen zugeordnet, welche sich der steuerrechtlichen Konsequenzen vielleicht gar nicht bewusst sind. Zu denken ist hier beispielsweise an den Versandmitarbeiter, der Waren an einen Selbstabholer übergibt, die dieser in das europäische Ausland transportiert. Ist dem Versandmitarbeiter nicht bewusst, dass er in solchen Fällen eine Gelangensbestätigung einholen muss oder sind entsprechende Prozesse im Unternehmen nicht etabliert, ist im Rahmen der nächsten Betriebsprüfung mit Feststellungen in diesem Bereich zu rechnen.
Immer häufiger geht es in Betriebsprüfungen um die Frage, ob Feststellungen des Betriebsprüfers, die zu einer Steuernachzahlung führen, strafrechtlichen Charakter haben oder ob es sich lediglich um eine Berichtigung von Fehlern handelt.
Entscheidend hierbei ist, dass für eine Steuerhinterziehung bereits der bedingte Vorsatz genügt. Der bedingte Vorsatz ist erfüllt, wenn das Unternehmen oder dessen Geschäftsführer zwar keine Steuern hinterziehen möchte, die Steuerhinterziehung aber leichtfertig in Kauf nimmt.
Im Ausgangsbeispiel stellt sich also die Frage, ob die Geschäftsführung des Unternehmens einen Prozess im betrieblichen Ablauf etablieren müsste der dafür sorgt, dass die notwendige Gelangensbestätigung tatsächlich eingeholt wird. Liegt ein solcher Prozess nicht vor oder ist dieser nicht ausreichend dokumentiert und mit Kontrollmechanismen ausgestattet, kann die Finanzverwaltung schnell zu der Annahme gelangen, dass die Unternehmensleitung hier eine Steuerverkürzung oder Steuerhinterziehung billigend in Kauf genommen hat.
Die Finanzverwaltung hat der Wirtschaft nun mit der Änderung des § 153 der Abgabenordnung eine Brücke gebaut. Dort heißt es: „Das Vorliegen eines innerbetrieblichen Kontrollsystems kann ein Indiz für das Fehlen eines Vorsatzes darstellen.“ Unternehmer können sich somit künftig mit einem steuerlichen Kontrollsystem (Tax Compliance) absichern. Dies verlangt eine systematische Erfassung von Risiken und den Aufbau eines steuerlichen Compliance-Managementsystems.
Für Unternehmen dürfte es sich durchweg lohnen, ein solches steuerliches Kontrollsystem in ihrem Unternehmen zu etablieren. Niemand möchte sich dem Verdacht eines Steuerdeliktes aussetzen. Auch die Rechtsprechung sieht zwischenzeitlich das Vorhandensein eines steuerlichen Kontrollsystems im Unternehmen als übliche Organisationspflicht an. So hat das Landgericht München I geurteilt: „Seiner Organisationpflicht genügt ein Vorstandsmitglied bei entsprechender Gefährdungslage nur dann, wenn er eine auf Schadensprävision und Risikokontrolle angelegte Compliance Organisation einrichtet.“
Das steuerliche Kontrollsystem hat jedoch auch ganz praktische Vorteile für das Unternehmen. Insbesondere Fehler im Bereich der Umsatzsteuer können für Unternehmen sehr teuer werden und
u. U. sogar existenzgefährdende Ausmaße erreichen. Man denke nur daran, dass Rechnungen als innergemeinschaftliche Lieferung oder Exportleistungen deklariert worden sind, obwohl es sich umsatzsteuerrechtlich nicht um eine solche steuerfreie Lieferung gehandelt hat. Das Unternehmen sieht sich dann mit Nachforderungen konfrontiert, die im Regelfall 19 % der nicht deklarierten umsatzsteuerpflichtigen Umsätze ausmachen. Im besten Fall können nach einer solchen Feststellung Rechnungen korrigiert und die Umsatzsteuern von den jeweiligen Kunden eingefordert werden. Problematisch werden solche Sachverhalte jedoch dann, wenn zu den Kunden keine Geschäftsbeziehung mehr unterhalten werden oder der Kunde, beispielsweise durch Insolvenz, nicht weiter existent ist. Vor solchen Risiken kann sich der Unternehmer durch ein steuerliches Kontrollsystem schützen.
Ausführungen und Ansatzpunkte zum Aufbau eines steuerlichen Kontrollsystems sind häufig sehr theoretisch und wirken auf den ersten Blick abschreckend. Ein funktionierendes Tax Compliance- Managementsystem umfasst die Unternehmenskultur, setzt Ziele, überprüft die Aufbau- und Ablauforganisation im Unternehmen, identifiziert Risiken und definiert ein Programm zur Risikominimierung, regelt die Kommunikation und letztendlich die Überwachung und laufende Verbesserung des Systems.
Insbesondere im Mittelstand muss die Etablierung eines steuerlichen Kontrollsystems praxisnah, zielgerichtet und für die Mitarbeiter handhabbar sein. Das Tax Compliance-System muss das Unternehmen unterstützen, ggf. Prozesse sogar beschleunigen und Rechtssicherheit schaffen. Unser Fokus bei der Einrichtung eines Tax Compliance Managementsystems liegt genau darauf.
So können beispielsweise durch Datenanalysen, leicht verständliche Schulungen der Mitarbeiter und Etablierung einfacher Kontrollen wesentliche steuerliche Risiken verhindert und ein präventives System etabliert werden. Die Bedenken unserer Mandanten vor mehr Bürokratie und Verwaltungsaufwand nehmen wir ernst und schaffen eine praxisgerechte Lösung.
Letztendlich sollten Unternehmer die Frage beantworten: Ist es auf lange Sicht nicht besser, steuerliche Pflichten effizient und nachweisbar zu erfüllen, als sicher immer weniger kalkulierbaren finanziellen und womöglich auch strafrechtlichen Risiken auszusetzen ?
Wenn Sie Fragen zu der Etablierung eines steuerrechtlichen Kontrollsystems haben, sprechen Sie uns bitte an. Für die Beantwortung von Rückfragen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung.
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