Neue Grundsätze zur Buchführung in elektronischer Form
Ende 2014 hat das Bundesministerium der Finanzen die bisher geltenden Grundsätze der Ordnungsmäßigkeit der Buchhaltung (GoB) um die neuen „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“ wesentlich erweitert. Ohne lange Übergangsfrist sollen diese Grundsätze bereits in diesem Jahr anzuwenden sein.
Die ersten Auswertungen der neuen Grundsätze, die mehr als 180 Randziffern umfassen, zeigen eine weitreichende praktische Bedeutung. Weitere Brisanz erreicht dieses Thema durch Aussagen der Finanzverwaltung, dass ab 2015 innerhalb der Finanzverwaltung Fachprüfer „Datenzugriff“ ausgebildet werden, die bei Betriebsprüfungen – zusätzlich zu Prüfern, die materielles Steuerrecht prüfen – schwerpunktmäßig die Einhaltung der Anforderungen an die gesetzlichen Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs-, Dokumentations-verpflichtungen etc. überprüfen werden.
Bei Verstößen gegen diese Verpflichtungen hat die Finanzverwaltung die Möglichkeit, die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung zu verneinen und damit den Weg für Gewinnzuschätzungen frei zu machen.
Im Folgenden möchten wir Ihnen wesentliche Änderungen und Neuerungen in aller gebotenen Kürze darstellen:
- Digitalisierte Bücher und sonstige Aufzeichnungen unterliegen den GoBD. Neu ist, dass die GoBD auch für Unterlagen Anwendung finden sollen, die nach außersteuerlichen Vorschriften aufbewahrungspflichtig sind. Zusätzlich wurde der Begriff des Datenverarbeitungssystems erstmalig umfassend definiert (z. B. Finanzbuchführungssystem, Warenwirtschaftssystem, Zahlungsverkehrssystem, Registerkassensystem, elektronische Waagen, Materialwirtschaft, Fakturierung, Zeiterfassung, Archivsystem, Dokumenten-Management-System). Die umfassende Anwendung der GoBD auf alle betrieblichen Prozesse ist zukünftig zu berücksichtigen.
- Die Einhaltung der Grundsätze der Wahrheit, Klarheit und fortlaufenden Aufzeichnung sollten beachtet werden. Für die Praxis sind insbesondere die Ausführungen zur zeitgerechten und fortlaufenden Aufzeichnung interessant. Die neuen Grundsätze konkretisieren u. a. erstmals, dass die Erfassung von unbaren Geschäftsvorfällen innerhalb von 10 Tagen seit Entstehen des Geschäftsvorfalles noch unbedenklich ist. Bargeschäfte müssen täglich erfasst werden. Dabei gilt jedoch der Grundsatz, dass jeder Geschäftsvorfall möglichst unmittelbar nach seiner Entstehung in einer Grundaufzeichnung (Wareneingangs- oder Ausgangsbuch, Lagerbestandsliste etc.) zu erfassen ist. Die Sammlung von Unterlagen und Eintragung in ein Grundbuch nach Ablauf einer langen Zeit widerspricht dem Wesen der kaufmännischen Buchführung, so das Bundesministerium der Finanzen (BMF).
- Für sog. Monatsbucher – dies sind in der Regel kleinere Gewerbetreibende – bestehen erstmals Hinweise auf zeitliche Restriktionen. Demnach ist es nicht zu beanstanden, wenn unbare Geschäftsvorfälle eines Monats bis zum Ablauf des folgenden Monats gebucht werden. Voraussetzung ist jedoch, dass durch organisatorische Vorkehrungen sichergestellt ist, dass die Unterlagen bis zu Ihrer Erfassung nicht verloren gehen. Eine Verbuchung bis zum 10. des 2. Folgemonats, wie sie im Rahmen von sogenannten Dauerfristverlängerungen in der Umsatzsteuer angewendet wird, ist demnach nicht ausreichend.
- Die Nachprüfbarkeit der Bücher erfordert zukünftig eine aussagekräftige und vollständige Verfahrensdokumentation aller eingesetzten Datenverarbeitungs-systeme. Dies gilt für alle DV-Systeme, unabhängig davon, ob es sich um Haupt- oder Nebensysteme (z.B. Zahlungsverkehrsystem, Excel, Outlook) handelt. Die Verfahrensdokumentation ist zudem laufend um Änderungen zu erweitern, um eine Prüfung im Zeitablauf gewährleisten zu können. Soweit eine fehlende oder ungenügende Verfahrensdokumentation die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit jedoch nicht beeinträchtigt, liegt kein formeller Mangel vor, der zum Verwerfen der Buchhaltung führen kann.
- Bei der Archivierung und Aufbewahrung von Unterlagen ist – wie bisher – darauf zu achten, dass eingehende Handels- oder Geschäftsbriefe und Buchungsbelege in der Form unveränderlich aufzubewahren sind, wie sie empfangen worden sind. Jedoch erlauben die neuen GoBD eine Umwandlung des Dateiformates, wenn die maschinelle Auswertung nicht verloren geht.
- Schon bisher wurde von der Finanzverwaltung die Auffassung vertreten, dass den Betriebsprüfern die in einem Unternehmen möglichen Auswertungen oder Auswertungsmöglichkeiten zugänglich gemacht werden müssen. Dies könnten z. B. gefilterte Bestandslisten oder sortierte Umsatzlisten sein. Diese Auffassung wurde nun in die GoBD übernommen.
- Die Finanzverwaltung stellt in den neuen GoBD zum Schluss klar, dass sie keine Positivtestate zur Ordnungsmäßigkeit von Software – weder im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung noch im Rahmen einer verbindlichen Auskunft – erteilt. Planen Sie daher den Einsatz einer neuen Software oder eines Updates, gibt es vorab kein „grünes Licht“ der Finanzverwaltung. Zertifikate oder Testate Dritter können bei der Auswahl eines Softwareproduktes lediglich als Entscheidungskriterium dienen, entfalten jedoch gegenüber der Finanzbehörde keine Bindungswirkung.
Bei dem Studium der neuen GoBD ist zu erkennen, dass die Finanzverwaltung den Fokus einer digitalisierten Aufbewahrung und maschinellen Auswertbarkeit auf den gesamten betrieblichen Prozess ausweitet. Hierdurch werden die gesamten Prozessabläufe im Unternehmen für die Prüfer wesentlich transparenter und ermöglichen die digitalisierte und automatisierte Prüfung. Unstimmigkeiten in Belegen (z. B. bei der Berechnung der Umsatzsteuer) oder Zeitspannen zwischen Belegeingang und Buchung können per Mausklick identifiziert werden. Auch die Kommunikation mit Geschäftspartnern kann leichter in den Fokus einer Betriebsprüfung rücken, wenn diese auf elektronischem Wege erfolgte.
Die GoBD lassen noch viele Anwendungsfragen offen. Das BMF hat die Verbände und Kammern dazu aufgefordert, offene Fragen und Praxisprobleme zu kommunizieren, um diese zeitnah zu erörtern und die GoBD laufend anzupassen.
Eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der z. Zt. im Einsatz befindlichen Systeme ist in jedem Falle zu empfehlen. Gerne unterstützen wir Sie bei der Umsetzung und Einhaltung der neuen Grundsätze.
Bei detaillierten Fragen sprechen Sie uns bitte an. Ihr Ansprechpartner in unserem Hause ist:
WP/StB Hans-Josef Demmer
h.j.demmer@zacharias-demmer.de
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