Kabinettsbeschluss der Erbschaftsteuerreform vom 08.07.15

Droht dem Mittelstand eine höhere Erbschaftsteuer?

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 17.12.2014 das aktuelle Erbschaftsteuerrecht, nach 1995 und 2006, erneut für verfassungswidrig erklärt. Das Gericht hat dem Gesetzgeber aufgegeben bis zum 30.06.2016 ein neues  Gesetz zu verabschieden.  Seither reißen die Diskussionen um das, was da kommen mag, nicht ab. Für etwas Klarheit hat der Kabinettsbeschluss vom 08.07.2015 beigetragen.

Mit dem Kabinettsbeschluss wird die politische Diskussion über die Reform der Erbschaftsteuer ins Rollen geraten. Im Herbst werden wir sehen, wohin diese Diskussionen führen werden. Es besteht die Gefahr, dass die Erbschaftsteuerreform in die Landtagswahlkämpfe 2016 gerät.

Unabhängig von der politischen Einordnung sollten Unternehmer die Zeit nutzen, Vermögen noch nach der alten Rechtslage zu übertragen sofern dies sinnvoll erscheint.

Nur noch bei Betrieben mit bis zu drei Beschäftigten wird weiterhin auf die Prüfung der Lohnsummenregelung verzichtet. Bei Unternehmen mit 4-10 Beschäftigten gilt bei einer Behaltensfrist von fünf Jahren eine 250prozentige Lohnsumme (bei sieben Jahren 500 Prozent Lohnsumme). Zusätzlich wird nun eine Stufe mit 11-15 Beschäftigten eingefügt, bei der die 300prozentige Lohnsumme für fünf Jahre gehalten werden muss (bei sieben Jahren 565 Prozent Lohnsumme). Beschäftigte in Mutterschutz oder Elternzeit, Langzeiterkrankte und Auszubildende werden nun auch nicht mehr mitgerechnet.

Die Prüfschwelle für große Unternehmen wurde von 20 auf 26 Millionen Euro übertragenes begünstigtes Vermögen erhöht – ein schwacher Trost beim derzeitigen extrem hohen Bewertungsfaktor. Bei Vorliegen bestimmter für Familienunternehmen typischer gesellschaftsvertraglicher oder satzungsmäßiger Beschränkungen wurde die Prüfschwelle von 40 auf 52 Millionen Euro angehoben. Die Fristen (10 Jahre Rückwirkung und 30 Jahre in die Zukunft) sowie die viel zu strikten Tatbestandsmerkmale wurden jedoch überhaupt nicht angepasst und sind somit weiterhin in der Praxis nicht erfüllbar.
Auch die Verschonungsbedarfsprüfung mit der offensichtlich verfassungswidrigen Heranziehung des Privatvermögens wurde nicht nachgebessert. Lediglich die Stundungsfrist wurde auf zehn Jahre erhöht und mit einem Rechtsanspruch versehen. Vermeintliche Verbesserungen gab es bei der Ausgestaltung des Abschmelzmodells. Hier wurden die Verschonungsabschläge an die 26 und 52 Millionen Euro Grenzen angepasst und entsprechend erhöht. Die Abschmelzung beginnt bei 52 Millionen Euro zudem nun genauso wie bei der 26 Millionen Euro Schwelle. Dafür wird der Verschonungsabschlag aber bei großen Betriebsvermögen von 116 bzw. 142 Millionen Euro um 5 Prozent gekürzt (von vorher 25 Prozent auf 20 Prozent Optionsverschonung und von vorher 40 Prozent auf 35 Prozent Regelverschonung).

In der letzten Verhandlungsrunde scheint die Vorschrift zur Verschonung von begünstigtem Vermögen gänzlich untergegangen zu sein. Hier fehlt es weiterhin an vielen nötigen Klarstellungen z.B.. hinsichtlich der Verschonung von Pensionsverpflichtungen oder Investitionsrücklagen. Aufgrund der steuertechnischen Komplexität wird diese Vorschrift allzu gerne von der Politik übersehen. Immer wieder muss aber hier betont werden, dass es aufgrund dieser Neuregelung zu einer definitiven Steuerbelastung des nicht begünstigten Vermögens kommen wird – und zwar bei jeder Unternehmensgröße! Sollte die Vorschrift nicht praxisgerecht ausgestaltet werden, droht die Eigenkapitalstärke, Liquidität und Finanzierungskultur jedes Betriebes nachhaltig und folgenreich geschädigt zu werden.

4. Fristen

Das Gesetz soll mit dem Tag der Verkündung in Kraft treten, spätestens zum 1. Juli 2016. Eine Rückwirkung wird weiterhin nicht angestrebt. Den vollständigen Gesetzesentwurf können Sie hier abrufen.

 

Eine ausführliche Bewertung der Vorschläge aus Sicht der Familienunternehmern finden Sie auf den Seiten der „Die Familienunternehmer/ASU e.V.“

 

Die Übertragung von betrieblichem Vermögen auf die kommende Generation wird weiterhin eine zentrale Aufgabe für steuerliche Berater und Ihre Mandanten bleiben. Egal wie der Gesetzgeber die Vorgaben des BVerfG umsetzen wird, eines lässt sich bereist heute sagen: Für Unternehmer und deren Nachfolge wird zukünftig eine höhere Steuerbelastung drohen. Umso wichtiger ist es, zu überprüfen, ob die Übertragung von Unternehmensvermögen nach dem aktuellen Recht sinnvoll erscheint.
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