Einigung zur Erbschaftsteuerreform

Nachdem nach 21-monatiger Verhandlung nunmehr ein Kompromiss im Vermittlungsausschuss zur Erbschaftsteuerreform erzielt wurde, möchten wir Ihnen die Eckpunkte der Einigung für die Besteuerung von Unternehmensvermögen bei Schenkungen oder Erbschaften darstellen.

Wie bisher setzt die Anwendung von Begünstigungen bei der Bewertung des Unterneh-mensvermögens (sog. Verschonungsabschläge) voraus, dass nach Schenkung oder Erbschaft die Lohnsummen eines Betriebs bestimmte Relationen zu der jährlichen Lohnsumme vor diesem Übergang nicht unterschreiten. Zukünftig soll jedoch für Betriebe mit bis zu 5 Beschäftigten auf die Prüfung der Lohnsummenregelung verzichtet werden. Für größere Betriebe gelten folgende Regelungen:

– Betriebe mit 6 bis 10 Beschäftigten: Abschlag von 85 % bei 250 % der vorherigen jährlichen Lohnsumme innerhalb von 5 Jahren; alternativ Abschlag von 100% bei 500 % der vorherigen jährlichen Lohnsumme, ebenfalls innerhalb von 5 Jahren

– Betriebe mit 11 bis 15 Beschäftigten: Abschlag von 85 % bei 300 % der vorherigen jährlichen Lohnsumme innerhalb von 5 Jahren; alternativ Abschlag von 100% bei 565 % der vorherigen jährlichen Lohnsumme innerhalb von 7 Jahren

Bis zu einem übertragenen Unternehmenswert von EUR 26 Mio. gelten darüber hinaus die bisherigen Lohnsummen- und Haltevorschriften: Abschlag von 85 % bei 400 % der vorherigen jährlichen Lohnsumme innerhalb von 5 Jahren; alternativ Abschlag von 100% bei 700 % der vorherigen jährlichen Lohnsumme innerhalb von 7 Jahren

Bei einem übertragenen Unternehmenswert von mehr als EUR 26 Mio. muss der Nachfolger weitere Auflagen erfüllen. Dabei kann er entweder ein Abschmelzmodell wählen oder eine Verschonungsbedarfsprüfung beantragen. Bei dem Abschmelzmodell werden die von der Erbschaftsteuer verschonten Unternehmenswerte step by step abgeschmolzen. Ab einem Erwerb von EUR 90 Mio. wird keine Verschonung mehr gewährt; in diesem Fall bleibt dem Nachfolger nur, entweder die volle Erbschaftsteuerschuld zu begleichen oder die sog. Ver-schonungsbedarfsprüfung zu wählen. Bei der Verschonungsbedarfsprüfung muss der Nachfolger sein gesamtes Privatvermögen offenlegen und nachweisen, dass er nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem sog. verfügbaren Vermögen zu begleichen..

Obwohl es somit zu immensen Verschärfungen für große Unternehmen kommt, konnte zumindest bei der Bewertung von Unternehmen ein für den Steuerpflichtigen günstigeres Ergebnis erzielt werden. Der Kapitalisierungsfaktor, der nach Multiplikation mit dem nachhaltig erzielbaren Jahresertrag den Unternehmenswert ergibt, wird von derzeit 17,86 auf 13,75 gesenkt und zinsunabhängig fixiert. Der Kapitalisierungsfaktor entspricht damit in vielen Fällen zwar immer noch nicht dem Marktniveau, jedoch dürfte sich die Absenkung wesentlich zu Gunsten des Steuerpflichtigen auf die Erbschaftsteuerfestsetzung auswirken.

Außerdem wird bei Vorliegen bestimmter, für Familienunternehmen typischer gesell-schaftsvertraglicher oder satzungsgemäßer Beschränkungen, ein weiterer Bewertungsabschlag von bis zu 30 % gewährt. Diese Beschränkungen müssen jedoch bei Anwendung des Bewertungsabschlages bereits 2 Jahre bestanden haben und 20 Jahre in die Zukunft fortge-schrieben werden.

Das sogenannte Verwaltungsvermögen (u. a. Bankguthaben, aber auch verschiedene andere Positionen) ist grundsätzlich nicht begünstigt, kann jedoch in Höhe von bis zu 20 % des begünstigten Vermögens wie steuerlich begünstigtes Vermögen behandelt werden. Im Ver-mittlungsausschuss wurde erfreulicherweise Einigung darüber erzielt, dass Altersvorsorge-verpflichtungen ausdrücklich dem begünstigten Vermögen zugeordnet werden. Auch wurde eine Investitionsklausel eingeführt: Diejenigen Mittel aus einem Erbe, die gemäß dem vorgefassten Willen des Erblassers innerhalb von 2 Jahren nach seinem Tod für Investitionen in das Unternehmen genutzt werden, werden steuerlich begünstigt.

Äußerst kritisch ist die Stundungsregelung zu bewerten, die im Vermittlungsausschuss nochmals verschärft wurde. Anstatt einen Rechtsanspruch auf Stundung für 10 Jahre zinslos zu gewähren, wird der Zeitraum auf 7 Jahre verkürzt; ab dem zweiten Stundungsjahr werden Zinsen mit einem Zinssatz von 6% erhoben. Sofern die Steuerschuld auf Verwaltungsvermögen oder auf Schenkungen entfällt, kann die Stundungsregelung weiterhin nicht in Anspruch genommen werden.

Der Einigungsvorschlag soll, nachdem der Bundestag bereits Zustimmung erteilt hat, bereits kurzfristig vom Bundesrat am 14.10.2016 verabschiedet werden. Nach dem Wortlaut des Einigungsvorschlags soll das Gesetz rückwirkend ab 01. Juli 2016 in Kraft treten.

Der nunmehr gefundene Kompromiss entspricht mit Sicherheit nicht den Vorstellungen vieler Unternehmer. Insbesondere bei Unternehmensvermögen von mehr als EUR 26 Mio. wird es bei zukünftigen Übertragungen zu erheblichen Mehrbelastungen kommen. Auch ist fraglich, ob die nunmehr gefundene Regelung den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes entspricht. Erste Stimmen in der Fachliteratur bezweifeln dies, so dass davon ausgegangen werden kann, dass uns das Erbschaftsteuerrecht weiterhin beschäftigen wird, möglicherweise erneut mit einem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht.

Wenn Sie Fragen zur Erbschaft- oder Schenkungsteuer haben, sprechen Sie uns bitte an. Für die Beantwortung von Rückfragen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung.

Ihr Ansprechpartner in unserem Hause ist:

WP/StB Hans-Josef Demmer
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